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Der Anfang eines 10-tägigen Aufenthalts mit einer Sache, die mich rasend macht!

Am 28.11.2017 wurde  Leo und mir eröffnet, dass wir vom 30.11.-10.12. in Dallapalli sein würden, um dort verschiedenste Arbeiten zu verrichten. Da alles wie immer sehr kurzfristig war, haben wir schnell gepackt und dann ging es auch schon los. Von Hyderabad fährt man 14,5 Stunden mit dem Zug in die Stadt Visakhapatnam die an der Ostküste von Indien liegt. Von Vizag geht es dann noch einmal 3 Stunden mit einem Bus in Richtung des kleinen Dorfes, wo wir dann schlussendlich 8 Tage verbrachten.
Im Allgemeinen war unsere Aufgabe, viel vom Leben der Ureinwohner vor Ort zu dokumentieren und mit den Jugendlichen Englisch zu üben, da die Regierung von Andhra Pradesh einen 5 Sterne Spa direkt neben dem Dorf in der Natur plant und wir sehr sicher waren, dass auch Englischkenntnisse bei den Verhandlungen um die Rechte für das Feriendomizil von großem nutzen sein könnten.
Als wir ankamen, war alles wie immer, die Bauern gingen ihrer unglaublich schweren Arbeit in den Bergen nach und die Frauen waren mit den Kindern zuhause und haben angefangen die Ernte so zu trocknen, dass sie für den Winter haltbar ist bzw für das restliche Jahr.
Allerdings änderte sich dies sehr schnell als am 3. Tag ein Medical Camp in Dallapalli halt machte. An und für sich eine tolle Idee, dass man an einem Tag im Monat mit 5 Ärzten in ein Bergdorf fährt, kostenlose Behandlungen und Medikamente anbietet. Leider ist dies nicht der Realzustand. Die Institution, die die Camps veranstaltet, ist wohl eine Gemeinschaft ähnlich einer Sekte, die einen bereits verstorbenen „Baba” anbetet und ihm zu ehren Brunnen und medizinische Versorgung spendet. Allerdings ist dafür wohl auch die Anwerbung von neuen Glaubensgenossen sehr hoch im Kurs, was ich schwierig finde, weil mir die Religion doch sehr suspekt rüber kam. Nichtsdestotrotz fing das Medical Health Camp dann an und die Menschen kamen zahlreich, nicht nur aus Dallapalli, sondern auch aus den umliegenden Dörfern.

Es wurde in und vor der Halle behandelt. Natürlich war nichts steril.

 Anfangs fand ich es sehr lobenswert, dass die Ärzte gekommen waren, aber mir wurde sehr schnell bewusst, dass die medizinische Versorgung, die diese Ärzte verschrieben, nicht auf genauen Untersuchungen basierten, sondern eher einfach auf schnelle Abfertigung abzielte! Die Menschen wurden erstmal zu Anfang mit einem Mittel vollgepumpt, was die Würmer im Körper zerstört. Dabei ging es nicht darum, dass es einen begründeten Verdacht auf Wurmbefall gab, sondern es wurde einfach jedem dieses chemische Zeug verabreicht, der dort hin kam, um Hilfe zu erbitten. Für mich ein völliges Unding!!!!! Man kann nicht Menschen, die ihr Leben lang nur natürliche Medizin zu sich nehmen, einfach ein Wurmtötungsmittel verabreichen ohne davor gecheckt zu haben, ob Würmer vorhanden sind! Damit zerstört man den Organismus viel mehr als dass man ihm hilft.
Nun, ich dachte mir, gut ich bin kein Arzt, ich werde wohl falsch liegen und habe mir nicht mehr viel dabei gedacht. Was aber dann kam, war wirklich kaum auszuhalten. Ich sah, wie ein kleines Mädchen um die 5 Jahre mit ihrer Mutter zum Arzt kam und ihm wohl von Magenbeschwerden oder ähnlichem erzählte. Dieser hörte erst routinemäßig das Herz des kleinen Mädchens an und danach wurde noch der Blutdruck gemessen. Kaum fertig, wurde ohne jegliche weitere Anschauung das kleine Mädchen mit ihrer Mutter zu improvisierten Apotheke geschickt, die 2 Meter nebendran war, und sie kamen zurück mit einem Breitband-Antibiotikum und Magengeschwür bekämpfenden Mitteln. Als ich dies sah, war ich wirklich kurz vorm Explodieren, weil ich mir dachte, auf welcher Grundlage wird hier einem so jungen und schwachen Organismus ein so starkes und auch gefährliches Mittel wie Antibiotikum verschrieben. Als ich dann zur Apotheke ging, um zu fragen warum diesem kleinen Mädchen jetzt Antibiotika verabreicht werden sollen, wurde ich natürlich wieder einmal aufgrund meiner Hautfarbe als Fotoplakat benutzt, vor dem sich jeder einmal ablichten lässt, um gute „Memories” zu haben, weswegen auch immer! Das war mir in diesem Moment aber herzlich egal, ich wollte nur wissen, warum diesem Mädchen so etwas gegeben wird, aber anstatt mir darauf eine sachgerechte Antwort zu geben, wurde entdeckt, dass ich am Zeh einen sehr kleinen Verband trug. Den Verband hatte ich nur drauf, um den sehr gut verheilenden Zeh nicht zu verschmutzen, reine Vorsichtsmaßnahme! Der Apotheker fing darauf an mir lautstark zu erklären das ich jetzt unbedingt Antibiotika nehmen müsste und hat mir dazu noch Paracetamol angereichert mit Ibuprofen in die Hand gedrückt.

Ich denke, an diesem Punkt muss ich erst einmal erklären, warum ich so gegen die Einnahme von Antibiotikum bin, gerade in den Dörfern fernab von der Zivilisation. Antibiotikum ist ein Mittel, das enorm wichtig ist und schon viele Menschen vor möglichen Entzündungen beschützt hat. Allerdings wissen viele nicht, welch fatale Folgen das Einnehmen von Antibiotikum hat. Es werden alle Bakterien im Körper ausnahmslos getötet, ob gut oder böse. Außerdem ist das Immunsystem danach sehr geschwächt sowie der ganze Körper während der Einnahme. Die sehr wichtigen Darmbakterien werden auch getötet, so dass der sehr wichtige Darmbakterienhaushalt einfach nicht mehr existiert.

Dementsprechend finde ich es außerordentlich unverantwortlich, dass einem Mädchen oder einem Bergbauern, die beide kaum Kenntnisse über die heutige Medizin haben, einfach Mittel in die Hand drückt, sagt, nimm sie, und alles wird wieder klasse super. Soviel dazu und zu meinem Fall, Der Apotheker hat nicht einmal gesehen oder nachgefragt was passiert sei, wäre es nur ein 2 cm langer Schnitt gewesen den ich halt wegen was auch immer sehr umständlich verbunden hätte wäre im Leben kein Antibiotikum geschweige denn starkes Schmerzmittel nötig gewesen um dem Körper bei der Heilung zu helfen.

Meine „Ausbeute” ohne davor vom Arzt angeschaut worden zu sein!


Leider wurden nur Kurzdiagnosen gestellt und jeder 2. Behandelte im Nachhinein mit 
Antibiotika in der Hand nach Hause geschickt!


Nun, natürlich kann man sagen: „Merlin du bist weder Arzt noch hast du andere medizinische Kenntnisse, halt dich da mal zurück”, doch muss ich auch erzählen, dass ich kurz davor noch mit einem jungen Mann aus dem Dorf gesprochen hatte. Ein 21-jähriger, topfitter Mann, der vor Kraft nur so strotzte. Dieser erzählte mir, dass er eigentlich nichts hat, aber hingeht, weil seine Mutter gesagt hatte, dass er doch die kostenlose Möglichkeit nutzen sollte. Er kam zurück mit Antibiotika und Schmerzmitteln und ich fragte ihn, warum er das jetzt nehmen sollte, er hatte keine Ahnung! So etwas geht einfach gar nicht!!
Was aber noch weniger geht, war, dass vor Ort in unsteriler Atmosphäre Spritzen mit verschiedenen Dingen verabreicht wurden. Ich habe nachgefragt und die Frau, die jedem zweiten Patienten entweder irgendwelche Impfungen oder Vitamine spritzte, meinte, dass das völlig ungefährlich sei.
Der Schock über die Unverantwortlichkeit dieses Camps kam dann am nächsten Tag, als Leo und ich anfingen, den ganzen Müll, den die Menschen, die kamen, dort einfach hinwarfen, wegzumachen. Ich wollte gerade anfangen einen großen Berg Plastikmüll wegzumachen, als ich vorsichtig erstmal das Plastik hochhob. Was darunter war, verschlug mir fast den Atem! Die am Vortag benutzen Spritzen mit offenen Nadeln einfach irgendwo hingeworfen. Hätte ich in eine der Nadeln gefasst, ich wüsste nicht, welche Krankheiten der zuvor mit der Nadel Behandelte hatte! Kaum auszudenken, wenn dort ein spielendes Kind hinein getreten wäre oder sonst etwas passiert wäre.
Somit muss ich leider sagen, dass dieses Medical Camp, was eigentlich für Gutes tun gedacht war, sich im Nachhinein als wirklich schlecht herausstellte!!

Zum ganzen Müll, der dort gelassen wurde, im nächsten Beitrag etwas mehr, nun aber erst einmal genug.

Bis bald,

Euer Merlin

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