Vorbereitungsseminar
Da jetzt schon
länger nichts mehr kam, eine kleine Auffrischung über die
Ereignisse der letzten Wochen.
Ich hatte gerade vor
5 Tagen ein Seminar, das als „Vorbereitungsseminar“ angekündigt
wurde. Als ich hinfuhr, war ich ohne jegliche Ahnung, was uns
erwarten würde. Wir kamen alle gegen 17:00 Uhr an und es ging los
mit Kennenlern-Spielen, erst für die Teamer/Betreuer und später
auch für uns. Nach diesem sehr netten Kennenlernen gab es Essen und
später am Abend die sogenannte „Sternstunde“. Das war etwas, was
mich erst einmal sehr „angeätzt“ hat! Ich habe den Sinn hinter
dem für Pädagogen doch irgendwie sehr wichtigen Ritual gar nicht
verstanden.
Ablauf der
Sternstunde:
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Erst einmal wurde das Licht gedimmt und alle durften sich bequem hinlegen oder sitzen wie es jeder halt am vorteilhaftesten für sich selbst sah.
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Dann fing unser Gesamtbetreuer an, uns den Tag chronologisch vom Zeitpunkt des Hinlegens nachzuerzählen. Dauer ca 10 min.
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Im Anschluss an die, bei uns Freiwilligen im Nachhinein so genannte, „Alzheimer Prognose“ gab es dann bei Kerzenlicht und Musik die Zeit seine Erfahrungen des Tages in ein Büchlein zu schreiben.
Nun muss man sagen,
für mich als ehemaligen Waldorfschüler war es relativ komisch,
dieses Ritual jeden Abend zu wiederholen, aber gerade meine Kollegen,
die noch nie mit Waldorfpädagogik zu tun hatten fühlten, sich wie
bei einem Empfang zu einer Sekte . Sehr lustig, was bei den
persönlichen Gesprächen später herauskam. Es ging von: „Ach,
sehr schön, die Zeit zu bekommen seine Gedanken nieder zu
schreiben“, bis hin zu „danach bin ich erst mal raus vor einen
Spiegel, stinkewütend über diese kranke Scheiße, kurz davor, meine
Sachen zu packen und zu gehen!!“.
Nun das war ein
allabendliches Ritual, was wir wiederholten und mit dem ich schon von
Anfang an Schwierigkeiten hatte, Freundschaft zu schließen :D. Aber
es gab noch viel mehr zu berichten. Nun erst mal zu unserer
Unterkunft: Wir waren in der Jugendherberge Freudenstadt im schönen
Schwarzwald einquartiert. Es gab dreimal am Tag Essen, was wirklich
vorzüglich war, und auch die Zimmer waren klasse. Was lustig beim
Zimmer Beziehen war, am Eingang musste man sich für irgendein Zimmer
entscheiden ohne zu wissen wer da mit einem wohnen würde. Man muss
auch sagen, dasss es ungewöhnlich harmonisch in allen Zimmern
zuging, was man, finde ich, nicht als normal bezeichnen kann, wenn
Jungs und Mädchen, die sich zum ersten Mal in ihrem Leben sehen,
zehn Tage ein Zimmer zu sechst teilen müssen. Ich muss auch
hervorheben, dass trotz der immensen Größe unserer Gruppe eine
super Stimmung herrschte und ich mich mit fast jedem meiner 49
Mitseminaristen sehr gut unterhalten konnte. Vielleicht ist das auch
dem Umstand geschuldet, dass wir alle das gleiche Ziel haben und so
der Anfang zu einem Gespräch nicht wirklich schwer war. Erste Frage:
„Na, wohin gehst du?“ und schon konnte man über alles reden, was
einen Interessierte.
Da die Zahl von 49
Menschen immens groß ist, wurden wir in Bezugsgruppen unterteilt.
Diese Bezugsgruppen waren ungefähr zehn Menschen groß und dort
wurde eigentlich die meiste Zeit verbracht. Ich hatte sehr Glück bei
meiner Bezugsgruppe!! Sowohl die Leiterin als auch meine Gruppe waren
super toll und man hatte schon nach dem ersten Tag das Gefühl, dass
wir gut zusammen passen. Auch was schwierigere Themen betraf, die
später im Seminar behandelt wurden, hatte ich nie das Gefühl, dass
es ein Tabuthema gäbe.
Meist haben wir uns
gegen 19:00 Uhr getroffen in einem abgesonderten Raum in der
Jugendherberge und haben noch einmal im kleineren Kreis über den Tag
gesprochen und sind meistens sehr abgeschweift, was aber eher als
total schön empfunden wurde. Ich bedanke mich nochmals bei meiner
doch so tollen Gruppe für die Zeit !
Meine
Bezugsgruppe. Ein bunter Haufen wundervoller Menschen!
Natürlich wurde
nicht nur über Gefühle geredet, wir hatten auch Einheiten über
Sexualisierte Gewalt, was, denke ich, sehr krass war, da wir noch
einmal gehört haben, wie es aus Opfersicht ist, uns wurde ein
Opferbericht vorgetragen. Aber auch hier, muss ich sagen, hatte ich
das Gefühl, dass das sehr gut geführt wurde. Es wurde niemand mit
seinen Ängsten und Gefühlen alleingelassen.
Es gab auch einen
ganzen Nachmittag mit einem Mediziner aus der Filderklinik, dem wir
Fragen stellen konnten und der uns in den Fragen rund um Das
Erkranken im Ausland beriet.
Was mir besonders
gefiel, war, dass wir drei Tage investierten, um in ähnlichen
Gebieten, wie wir auch in Indien arbeiten werden, in Deutschland zu
arbeiten. Das heißt konkret, die Leute, die in ein Camphill gehen,
wurden in die nahe gelegene Dorfgemeinschaft Tennental (mein
Geburtsort) gebracht, die, die an Schulen gehen, haben einen
ehemaligen Waldorflehrer bekommen, der mit ihnen handwerklich etwas
gemacht hat, aber auch alle Fragen rund um Waldorfpädagogik
beantworten konnte. Zu mir und meiner Gruppe kam eine junge Frau aus
Deutschland, die gerade von ihrem Freiwilligendienst zurückgekehrt
war und die uns über ihre Stelle bei der NGO* Sakhi berichtete. Das
war besonders klasse, da vier aus meiner Gruppe zu genau diesem
Projekt reisen. Uns wurde über das alltägliche Leben in Indien
berichtet, aber auch über Dinge, die sie dort erlebt hat beim Reisen
und was NGOs dort leisten. Drei wirklich gelungene Tage!
Der letzte Tag war
wohl einer der härtesten meines bisherigen Lebens. Das lag an einem
meiner Mitmenschen, der nach einer sehr gelungenen Abschlussfeier auf
die glorreiche Idee kam, sich eine Bank direkt auf den Fingernagel zu
stellen. Um 4:00 Uhr nachts. Also ging es für mich bei strömendem
Regen mit einem vor Schmerzen sich ständig nur aufregenden stark
angetrunkenen 19-Jährigen in die relativ nahegelegene ( 2 km
Entfernung ) Notaufnahme. Da ich auch nicht komplett nüchtern war,
glaube ich, hat die Empfangsdame erst einmal einen Lachanfall
unterdrücken müssen. Alles in allem waren wir um 5:30 Uhr zu Hause.
Nach 2 Stunden Schlaf ging der nächste Tag dann los. Zum Glück
hatte die Gruppenleiterin doch ein wenig Nachsicht und so habe ich
den Tag mit insgesamt 7 Powernaps doch überlebt. Nur eine kleine
Anekdote aus dem Leben eines angehenden Freiwilligen.
Grüße an meinen
Verletzten, ich hoffe, dem Finger gehts besser :) Und danke an die
beiden anderen, die auch mitgegangen sind. Ich hoffe, ihr hattet
genauso Spaß wie ich.
Jetzt sitze ich im
Zug und denke an das Seminar zurück und muss sagen, dass es sehr
schön war und ich jedem jungen Menschen nur ans Herz legen kann,
nach der Schule erst einmal ein solches Jahr zu machen. Ich bin zwar
noch nicht in Indien, aber allein die Seminare bis jetzt haben mir
gezeigt, dass ich hier genau richtig bin und ich mit ganz tollen
Menschen noch schöne Abenteuer im kommenden Jahr erleben werde :)
Euer Merlin
Euer Merlin
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